Morbus Crohn bei Kindern: zu wenig Faecalibacterium prausnitzii

07. Mai 2010

Bei Kindern mit der entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn ist die Mikroflora im Darm verändert. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie unter der Federführung von PD Dr. Henrik Köhler an der Universität Erlangen und Dr. Andreas Schwiertz am Institut für Mikroökologie in Herborn. Eine besondere Rolle spielt dabei das Darmbakterium Faecalibacterium prausnitzii. Das Bakterium produziert Buttersäure – die Hauptnahrungsquelle der Darmschleimhaut. Im Darm von Kindern mit Morbus Crohn waren die Zellzahlen des Bakteriums im Vergleich zur Kontrolle auffallend gering, bei Kindern mit Colitis ulcerosa blieben die Zellzahlen dagegen unverändert. Die Bifidobakterien waren bei beiden entzündlichen Darmerkrankungen vermindert. Die Ergebnisse wurden im April in The Journal of Pediatrics vorab online veröffentlicht.

Für die Studie hatten die Autoren 69 Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen rekrutiert. Die Probanden waren im Mittel 14 Jahre alt, den Aktivitätsgrad der Erkrankung hatten die behandelnden Ärzte in der Pädiatrischen Sprechstunde der Universität Erlangen gemäß dem pädiatrischen Colitis- und Morbus Crohn-Aktivitätsindex ermittelt. Von den Probanden litten 40 an Morbus Crohn und 29 an Colitis ulcerosa. Als Kontrolle wurden 25 gesunde Kinder in die Studie eingeschlossen. Die Wissenschaftler untersuchten die Stuhlproben der Probanden molekularbiologisch auf neun zahlenmäßig relevante bakterielle Arten und Gruppen.

Im Jahr 2008 hatte Dr. Harry Sokol vom Institut National de la Recherche Agronomique in Jouy-en-Josas, Frankreich, erstmals den Zusammenhang zwischen verminderten Zellzahlen von F. prausnitzii und Morbus Crohn bei Erwachsenen festgestellt. Weitere Untersuchungen von Sokol zeigten: F. prausnitzii wirkt entzündungshemmend - zum Teil über Stoffwechselprodukte, die die beiden Entzündungsmediatoren NF-kappaB und Interleukin-8 stoppen.

In den letzten Jahren steigen die Zahlen der Patienten mit Morbus Crohn, der Anteil der Patienten mit Colitis ulcerosa geht dagegen zurück. Wie es zu Morbus Crohn kommt und warum immer mehr Patienten schon früh erkranken, ist noch nicht klar. Neben einer genetischen Disposition und einer veränderten Immunregulation halten Experten aber eine Störung der intestinalen Mikroflora für ausschlaggebend. Denn eine Dysbiose kann die Angreifbarkeit der Darmschleimhaut erhöhen und so zur Entwicklung einer entzündlichen Darmerkrankung beitragen.

F. prausnitzii eignet sich als Marker für den nicht-invasiven Nachweis von Morbus Crohn. Das Institut für Mikroökologie in Herborn bietet als erstes Labor in Europa den diagnostischen Nachweis des Bakteriums an. Eine Behandlung von Morbus Crohn-Patienten mit F. prausnitzii ist laut Sokol denkbar, ein derartiges Präparat ist allerdings noch nicht auf dem Markt.

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